Fallschirmsprung

Adrenalinrausch: Eine Minute den freien Fall erleben

Beim Fallschirmspringen stürzt man sich aus Flugzeugen, von Klippen und Hochhäusern. Diesem Extremsport lässt Menschen den Rausch des freien Falls genießen. Damit der Spaß sicher ist, hilft eine ausgeklügelte Technik.

Ein bisschen doof bin ich ja schon, denke ich mir noch. Da öffnet sich auch schon die Tür des Flugzeugs. In 4000 Metern Höhe. „Wenn das Licht da vorn grün wird, geht’s los“, ruft mir Lutz zu und zeigt auf eine kleine Ampel vor uns. Lutz ist mein Tandem-Pilot. An dem bin ich mit meinem Gurtzeug festgeschnallt. Und das ist auch ganz gut so. Denn ich habe keinen Fallschirm dabei. Lutz schon. Und wir springen gleich gemeinsam aus dem Flugzeug.

Das ist mein erster Sprung, habe ich Lutz bei der Begrüßung gesagt. „Meiner auch“, hat er geantwortet und mir zugezwinkert. Lutz ist aber tatsächlich Profi und schon viele tausend Mal Fallschirm gesprungen. Kurz vor dem Abflug war Lutz dann ganz ernst. Er hat mich auf den Sprung vorbereitet und mir die richtige Körperhaltung erklärt. Kopf in den Nacken, Hohlkreuz, Beine anwinkeln. „Verbiege dich wie eine Banane“, hat Lutz gesagt. Dann in einen Overall, Gurtzeug angelegt und rein ins Flugzeug.

Angst vorm Abstürzen

Meine Beine baumeln aus dem Flugzeug. Unter mir Felder, Wälder, Dörfer. Winzig klein. Mir wir ein bisschen komisch im Bauch. Angst vorm Fallen habe ich eigentlich nicht. Schließlich ist ja klar, dass ich fallen werde. Aber wer weiß, was da auf mich zukommt? Na, die Erde natürlich. Lutz stößt sich von der Kante ab und wir stürzen aus dem Flugzeug.

Eine Minute freier Fall. Mit unheimlicher Geschwindigkeit rasen wir hinab. Noch schneller als die meisten Autos auf einer Autobahn unterwegs sind. Das Gefühl ist nur schwer zu beschreiben. Vielleicht so ein bisschen wie der Sprung vom Zehn-Meter-Brett. Nur eben, dass wir fallen und fallen und fallen. Die Aussicht ist super. Die dünne Luft hier oben und der heftige Gegenwind rauben mir den Atem. Alles kribbelt. Ich könnte die ganze Welt umarmen. Ich genieße den Augenblick, während Lutz seinen Höhenmesser am Arm kontrolliert.

Als das Gerät anzeigt, dass wir in 1.500 Metern Höhe sind, greift Lutz an seinen Rucksack und zieht die Reißleine. Unser Fallschirm öffnet sich, es gibt einen leichten Ruck – und da ist der Rausch vorbei. Plötzlich ist alles muxmäuschenstill um uns herum. Wir hängen sicher am Schirm, schweben langsam hinab. Ich atme tief durch.

Schicke Aussicht

Weitere fünf Minuten hängen wir am Fallschirm. Genügend Zeit, sich die Gegend aus luftiger Höhe anzuschauen. Lutz zeigt mir die Orte, die wir unter uns sehen, und den Flugplatz, von dem wir gestartet sind. Als wir landen, nehme ich meine Beine hoch, damit Lutz zuerst aufkommt. So kann sich keiner von uns verletzen. Dann habe ich wieder festen Boden unter meinen Füßen, butterweiche Knie und ein breites Grinsen im Gesicht. Ich finde es schade, dass der Sprung schon vorbei ist. Aber ein bisschen bin ich auch froh, dass wir sicher wieder unten angekommen sind.

Wer vom freien Fall aus schwindelerregender Höhe nicht genug bekommt, der sollte am besten Fallschirm-Springer von Beruf werden. Hierzu macht man eine Ausbildung, bei der man alles Wichtige rund um das Hobby lernt. Etwa, wie man sich in der Luft richtig verhält. Oder auch, wie man den Fallschirm steuert. Die Profis verdienen ihr Geld zum Beispiel als Tandem-Piloten. Dabei nehmen sie Leute bei ihrem Sprung aus dem Flugzeug mit. Erst nach etwa 1000 Sprüngen sind die Piloten erfahren genug, um andere Leute bei diesem Erlebnis zu begleiten.

Verrückte Idee

Sich aus vielen tausend Metern in die Tiefe stürzen – das ist eine verrückte Idee. Dafür muss man sich auf seinen Fallschirm verlassen können. Der ist in einem Rucksack verstaut, den die Springer dabei haben. Ziehen sie an einer Reißleine, dann entfaltet sich der Schirm und bremst den Sturz stark ab. Am Fallschirm kann der Springer dann sanft zu Boden schweben. Man muss sich den Schirm wie den Flügel eines Flugzeugs vorstellen. Nur, dass der Flügel aus Stoff ist. In der Luft lässt sich der Schirm mit Leinen steuern. So können die Springer ihren Flug kontrollieren.

Und was passiert, denn der Fallschirm nicht richtig funktioniert? Dann ist noch ein Ersatz-Schirm im Rucksack. Der wird von Technikern regelmäßig überprüft und wird von einem kleinen Computer gesteuert. Dieser misst ständig die Flughöhe und die Fallgeschwindigkeit. Hat der Springer bei einer bestimmten Höhe immer noch nicht seinen Schirm geöffnet, würde der Computer den Ersatz-Schirm öffnen.

Text: Philipp Brandstädter,
zunächst erschienen über dpa Nachrichten für Kinder, Juli 2015

Quellen:

Fallschirmsport

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