Glasbläser

Alles aus Glas

Flaschen, Fenster, Smartphones, Brillen: Glas ist überall. Der besondere Stoff ist immer nützlich, oft durchsichtig, meistens zerbrechlich. Deshalb begleitet er uns auf so unterschiedliche Art und Weise durch den Alltag. Wie Glas entsteht und welche Formen es annimmt, liegt einem alten Handwerk zugrunde: der Glasbläserei.

Glas übt einen besonderen Reiz auf uns. Und praktisch ist es auch noch. Den Werkstoff kennen die Menschen schon seit vielen tausend Jahren. Schon damals haben sie daraus vor allem Schmuckstücke und Behälter angefertigt. Glas besteht haupsächlich aus sechs Stoffen, die in der Natur vorkommen. Sie heißen: Quarz-Sand, Soda, Kalk, Dolomit, Feldspat und Pottasche. Je nachdem, in welchen Anteilen diese Stoffe in einem Ofen zusammen geschmolzen werden, entsteht unterschiedliches Glas.

Durch Glas kann man meistens hindurch gucken. Oft ist es ganz farblos, manchmal auch bunt. Von Natur aus schimmert Glas leicht grünlich. Das liegt an dem Eisen, dass im Quarz-Sand steckt. Wenn man andere Mineralien hinzu mischt, lässt sich das Glas einfärben. Flaschen sind zum Beispiel häufig braun oder grün. Eher selten ist rotes Glas. Der Stoff, der für die rote Farbe sorgt, ist nämlich besonders kostbar.

Über der Flamme

Eine lodernde Flamme erhellt die Werkstatt. Sie schießt aus einem Brenner hervor, der auf einem Tisch vor sich hin rauscht. In der heißen Flamme verwandelt Thomas Kirchgeorg festes Glas in einen formbaren Stoff. Und fertigt auf diese Weise kunstvolle Gegenstände an.

Thomas Kirchgeorg ist Glasbläser. Er sitzt hinter dem Brenner und hält eine Röhre aus Glas ins Feuer. Die Flamme wird größer, umschließt das Glas und lässt es allmählich schmelzen. Der Glasbläser dreht die Röhre schnell zwischen seinen Händen hin und her. An einer Stelle lässt Thomas Kirchgeorg das Glas so lange im Feuer, bis es rot glüht. Dann pustet er behutsam in die Röhre hinein. Der glühende Teil bläht sich auf wie ein Luftballon. Eine Kugel entsteht. Aus purem Glas.

Doch die Kugel befindet sich noch mitten im Glasrohr. An einer Seite trennt Thomas Kirchgeorg das Rohr von der Kugel. Er ritzt es mit einem Glasschneider an und knickt es einfach ab. In der Flamme verschmilzt er die Stelle, bis sie rund ist. Auch das andere Ende der Kugel wird noch einmal erhitzt.

Jedes Stück einzigartig

Mit einem Metallstück verbiegt der geschickte Fachmann das dickflüssige Glas zu einem Anhänger. Fertig ist eine einzigartige Weihnachtskugel. Sie muss jetzt auskühlen und kann später noch verziert werden. Thomas Kirchgeorg kann die Kugel auch mit bunten Glas-Scherben einfärben. Diese muss er aber schon in das glühende Glasrohr hinein schmelzen, bevor er es überhaupt zur Kugel aufbläst.

In der Werkstatt von Thomas Kirchgeorg liegt, steht und hängt unzähliger kunstvoller Schmuck herum. „Je nachdem, wie ich die Röhren und Stäbe drehe, ziehe und aufblase, kann ich dem Glas unterschiedliche Formen verleihen“, erklärt der Fachmann. Neben den Kugeln gibt es besonders viele kleine Figuren und Anhänger, die in allen möglichen Farben schimmern. Schnell wird man von den zerbrechlichen Kunstwerken in den Bann gezogen. „Glas hat uns Menschen schon immer fasziniert“, sagt Thomas Kirchgeorg. „Weil es glänzt und das Licht brechen kann. Und vielleicht auch, weil man so vorsichtig damit umgehen muss.“

Glas für Labore

Früher war Thomas Kirchgeorg Glas-Apparate-Bauer. Er hat Instrumente hergestellt, die in Laboren gebraucht werden. Heute macht der Glasbläser vor allem Kunst. Da muss er nicht immer dieselben Dinge anfertigen, sondern kann sich auch ganz neue Sachen ausdenken. Und weil diese besonders zu Weihnachten beliebt sind, bereitet sich Thomas Kirchgeorg das ganze Jahr über auf die Adventszeit vor. So entsteht in seiner Glasbläserei zum Beispiel allerlei Schmuck für den Weihnachts-Baum. Doch der Glasbläser stellt auch Tee-Lichter oder Schreibfedern her. „Ich mache einfach die Sachen, die die Leute mögen“, sagt Thomas Kirchgeorg und grinst. „Die sind mal nützlich, mal nicht ganz so nützlich, aber immer einzigartig.“

Auch wenn in der Flamme auf der Werkbank immer wieder neuer Schmuck entsteht: Am Handwerk des Glasbläsers hat sich gar nicht so viel geändert, erklärt der Fachmann. Nach wie vor brauche man vor allem Geduld, Vorsicht und Finger-Fertigkeit. „Glasblasen ist wie küssen“, sagt Thomas Kirchgeorg. „Man muss behutsam und zärtlich sein. Wer zu wild ist, macht nur den schönen Augenblick kaputt.“

Die Spannung macht’s

Milch, Mineralwasser, Marmelade. Alle möglichen Dinge werden massenhaft in Flaschen und Gläsern abgefüllt. Dafür braucht man viel Glas. Es muss schnell hergestellt werden und darf nicht viel Geld kosten. Solche Behälter werden in großen Mengen in Fabriken hergestellt. Es gibt aber auch Glas, das sehr viel mehr Geld kostet. Doch was unterscheidet das billige Glas vom teuren?

Die so genannte Spannung macht’s. Sie entscheidet, wie stabil das Glas ist. Wenn man Glas erhitzt, dann dehnt es sich aus. Macht man das zu schnell, geht es kaputt. Man sagt: Das Glas hat zu viel Spannung. Diese Spannung können Glas-Hersteller gering halten, indem sie sich bei der Arbeit mehr Zeit lassen. „Gutes Glas muss immer wieder erhitzt und abgekühlt werden“, erklärt ein Fachmann. „Stellt man Flaschen und Gläser in Massen her, ist dafür keine Zeit.“ Solche Gläser werden auch nicht aus einem Stück geblasen. Es wird aus mehreren Teilen gepresst.

Viel aufwändiger entstehen hingegen edle Gläser, die mehr aushalten und schöner aussehen. Das Murano-Glas aus Venedig ist zum Beispiel eine berühmte Marke. Produkte aus diesem Glas kosten sehr viel Geld. Dort läuft die Fertigung mit viel mehr Arbeit und Zeit ab. Welche Techniken die Glasbläser dort verwenden und mit welchen Anteilen sie ihr Glas zusammen schmelzen, ist ein Geheimnis.

Text und Bild: Philipp Brandstädter,
zunächst erschienen über dpa Nachrichten für Kinder, November 2015

Quellen:

Verband Deutscher Glasbläser

BV Glas zur Glasproduktion

Pfandflasche rein, piep

Viel kalte Luft

Schwammstadt saugt das Wasser auf

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