Vor 150 Jahren stellten Arbeiter in der Völklinger Hütte noch Eisen her. Heute ist das riesige Eisenwerk ein Weltkulturerbe. Dort kann man lernen, mit welchen Gefahren es damals Tausende von Menschen bei ihrer harten Arbeit zu tun hatten.
Der Kölner Dom, die Pyramiden in Ägypten, die Chinesische Mauer – und die Völklinger Hütte: Sie alle sind Weltkulturerbe. Das sind etwa Denkmäler, Gebäude und Stätten, die für unsere Kultur eine besondere Bedeutung haben.
Die Hütte ist das einzige vollständig erhaltene Eisenwerk der Welt. Von der Anlieferung mit Erz bis zur Verhüttung des Roheisens in den Öfen kann man dort sehen, wie dort jahrzehntelang Eisen hergestellt wurde. Damit ist das Werk ein besonderes Zeugnis der industriellen Kultur unserer Geschichte. Aus diesem Grund hat die Hütte den Titel Weltkulturerbe bekommen.
Gefährlicher Beruf am Hochofen
Turmhohe Schornsteine ragen in den Himmel, riesige Hallen reichen bis zum Horizont. Schon aus der Ferne kann man in der Stadt Völklingen im Saarland ein erstaunliches und einzigartiges Bauwerk sehen: die Völklinger Hütte.
Eine Hütte? Damit ist kein kleines Häuschen gemeint. Eine Hütte oder ein Hüttenwerk wird auch eine industrielle Anlage genannt, in der Metall gewonnen oder Keramik hergestellt wird. Die Völklinger Hütte ist ein ehemaliges Eisenwerk. Hier wurden einmal rund um die Uhr Unmengen von Roheisen hergestellt.
„Vor 150 Jahren entwickelte sich die Hütte zu einem der wichtigsten Eisenwerke in Europa“, erzählt der Fachmann Walter Altpeter. Er führt Besucherinnen und Besucher über das Gelände der Hütte. Wir stehen in einer Halle neben riesigen Rädern. Es riecht hier immer noch ein bisschen nach Maschinenöl. Dabei ist das Eisenwerk schon seit Jahrzehnten stillgelegt. „Hier in der Gebläsehalle wurden über diese Schwungräder Luft zu den Hochöfen gepumpt.“
Höllische Temperaturen
Die Hochöfen, das sind die sechs riesigen Bauten mit den Schornsteinen. In denen wurde das Eisen gewonnen. Über Gleise auf dem Boden und hängende Schienen haben die Arbeiter tonnenweise Eisenerz in die Öfen befördert. „In den Öfen musste es mindestens 1200 Grad heiß sein, damit das Eisen flüssig wird und sich aus dem Erz löst“, erklärt Walter Altpeter. Mit dem richtigen Brennstoff und dem Gas erzielte man diese höllischen Temperaturen. Wenn das Erz schließlich im Ofen schmolz, sank das schwere flüssige Roheisen allmählich nach unten ab.
Nun mussten die Arbeiter den Ofen öffnen. „Das ging nicht durch eine Ofentür, wie wir sie vielleicht von einem Herd oder Kamin kennen“, erläutert der Fachmann. „Die wäre bei der Hitze sofort geschmolzen.“ Stattdessen mussten die Leute mit einem speziellen Meißel ein Loch in die Wand des Ofens schlagen. Man sagte dazu: Der Ofen wird abgestochen.
Das Eisen fließt
Durch das Loch schoss dann das glutrote, flüssige Roheisen aus dem Ofen hinaus. Durch eine Rinne aus Sand lief es direkt weiter in die Tiegel einer Lok, die das Eisen abtransportierte. Dann mussten die Arbeiter den Ofen wieder mit feuerfestem Lehm verschließen. Ganz klar: Sich so nah an einem offenen Ofen und an flüssigem Metall aufzuhalten – das war lebensgefährlich!
„Diese Arbeit wurde das ganze Jahr und rund um die Uhr gemacht“, erklärt Walter Altpeter. Die Öfen waren fast ununterbrochen im Betrieb. Zeitweise wurden in der Völklinger Hütte pro Tag 6.000 Tonnen Roheisen hergestellt. Bis zu 17.000 Menschen arbeiteten auf dem riesigen Gelände. Sie trotzten dem Lärm der Maschinen, den giftigen Abgasen, der irrsinnigen Hitze – Tag für Tag.
Das viele Roheisen wurde gebraucht, um es zu Stahl zu verarbeiten. Der ist immer noch ein wichtiger Baustoff. In Deutschland wird davon heute aber nicht mehr so viel produziert. Und so wurde auch der Betrieb in der Völklinger Hütte nach vielen Jahrzehnten Schwerstarbeit eingestellt. Wie die Menschen dort gearbeitet haben, kann man heute noch bei einem Besuch erfahren.
Wichtiger Stoff
Ob man nun Gebäude, Brücken, Eisenbahnschienen, Schiffe oder Maschinen baut: Man braucht Stahl. Und der wird aus Eisen gemacht. Eisen ist ein Stoff, den es reichlich im Erdboden gibt. Aber in seiner natürlichen Form kann er in der Industrie nicht verwendet werden. Aus dem Eisenerz in der Erde muss man erst das reine Eisen gewinnen.
Dazu werden in einem Hochofen Eisenerz und Koks übereinander geschichtet und erhitzt. Koks ist weiterverarbeitete Kohle und ein besonders guter Brennstoff. Beim Erhitzen sinkt das Eisen ab und ein brodelnder Brei aus leichterem Material steigt auf. Der wird Schlacke genannt. Das von der Schlacke getrennte Roheisen kann später zu Stahl weiterverarbeitet werden.
Text und Bild: Philipp Brandstädter,
zunächst erschienen über dpa Nachrichten für Kinder, Juli 2022
Quellen: