Krähe Hackie

Von cleveren Raben und verspielten Krähen

Krähen zählen zu den klügsten Tieren überhaupt. Richtig beliebt sind sie bei uns Menschen aber nicht. Dabei kann das Zusammenleben doch ganz nett sein.

Hackie ist ein ungewöhnliches Haustier. Es hüpft durch die Tierarztpraxis, pickt an einer Kaffeetasse herum und schubst einen Bleistift auf den Fußboden. Dann flattert Hackie hinterher, um den Stift mit den Füßen und seinem Schnabel genau zu untersuchen. Hackie ist eine Krähe. Genauer gesagt: eine Nebelkrähe. Und die ist furchtbar neugierig.

„Hackie wohnt schon viele Jahre hier“, sagt Tierärztin Renate Lorenz. Er wurde als Patient zu ihr gebracht. Immer wieder kommen Leute mit Tieren in die Praxis, die sie irgendwo gefunden haben. „Eichhörnchen und Igel haben wir schon viele aufgepeppelt. Ein paar Krähen waren auch schon dabei.“

Darum leben drei Nebelkrähen bei Renate Lorenz. Und Hans, der bunte Eichelhäher. Auch er gehört zu der Familie der Krähenvögel. „Sie könnten auch davonfliegen“, sagt die Tierärztin. „Aber sie wollen gar nicht.“

Nah am Menschen

Denn den Krähen kommt es ganz gelegen, in der Nähe von Menschen zu leben. Schließlich finden sie dort reichlich zu fressen. Bei Renate Lorenz bekommen sie Nüsse, Katzenfutter und manchmal auch ein Ei. „Meine Krähen geben ihr Futter sogar aus dem Vogelkäfig an andere Krähen heraus“, sagt die Frau. „Diese Tiere sind unheimlich klug.“ So ist es Tierärztin schon lange gewohnt, dass die Vögel in ihrem Garten ihr Unwesen treiben.

Das ist auch manchmal anstrengend. „Vor kurzem wollte ich Blumenzwiebeln einsetzen, damit ich nächstes Jahr ein schönes buntes Beet habe“, erzählt Renate Lorenz. Doch die Krähen hatten andere Pläne. „Sie merkten sich jede einzelne Zwiebel und gruben sie einfach wieder aus. Offenbar mögen sie keinen bunten Garten. Vielleicht wollen sie ihn genauso schwarz-weiß haben, wie sie es selbst sind.“

Schlechter Ruf

Natürlich sind Krähen eigentlich wilde Tiere und keine Haustiere. Aber die Vögel von Renate Lorenz zeigen, wie gut sie sich an den Menschen angepasst haben. So kann man die schlauen Vögel fast immer und überall bei uns entdecken. In der Stadt und auf dem Land, im Sommer wie im Winter.

Beliebt sind die Krähen allerdings nicht. „Raben und Krähen hatten noch nie einen guten Ruf“, sagt die Tierärztin. „Raben waren früher ein Zeichen für Unheil und den Tod. In alten Märchen wohnen sie bei Zauberern und Hexen. Wahrscheinlich hatten die Leute einfach nur Angst vor dem schwarzen Gefieder.“

So richtig gefährlich sieht die Krähe Hackie aber gar nicht aus. Eher ein bisschen lustig, wenn Hackie durch die Praxis flattert, an den Büchern im Regal herum pickt oder sich an den Schnürsenkeln von einem Schuh zu schaffen macht. „Krähen sind faszinierende Vögel“, findet Renate Lorenz. „Sie benutzen Stöckchen als Werkzeuge, können sich Dinge merken und sogar Geräusche von anderen Vögeln nachmachen.“

Und wenn ihnen langweilig ist, machen sie sogar Quatsch: „Im Winter habe ich meine Krähen schon beim Rodeln beobachtet“, erinnert sich die Tierärztin. „Die haben sich auf den Bauch gelegt und sind auf dem Schnee geschlittert.“ Krähen, die im Schnee spielen? So richtig Angst einflößend ist das ja wohl nicht.

Rabe, Krähe, Elster

Manche Krähenvögel sind leicht zu verwechseln. Viele sehen sich ähnlich, und manche Arten zeugen sogar mit anderen Arten gemeinsame Küken und vermischen sich untereinander. „Krähen-Vögel gehören zu den Singvögeln“, erklärt Tierexperte Jens Scharon. „Der Kolkrabe ist der größte seiner Art. Sehr viel häufiger treffen wir aber Saatkrähen und Nebelkrähen an.“

Die grau-schwarzen Nebelkrähen kommen östlich des Flusses Elbe vor. Die Saatkrähen leben weiter im Westen. Sie sind ganz schwarz und etwas größer. Vor allem in den Städten fühlen sie wohl und verbreiten sich immer mehr. Neben den Arten, die hier brüten, gibt es auch Krähen, die aus dem Norden und Osten hierher fliegen und auch wieder verschwinden. Zu der Familie der Krähen gehören unter anderem die etwas kleineren Dohlen, die Elstern und auch die bunten Eichelhäher.

Schlaue Tricks

Raben und Krähen gelten als Zeichen für Weisheit. Und tatsächlich: Diese Tiere sind unheimlich klug. Schlauer als Affen, meinen manche Experten. Deshalb untersuchen Forschende, wie schlau die Vögel wirklich sind. Die Tiere wurden bei Experimenten im Labor beobachtet. Aber auch in der freien Natur kann man manchmal zusehen, was für Tricks die Vögel drauf haben.

Um an ihr Futter zu kommen, lassen sich die Krähen einiges einfallen. Es wurden schon Krähen beobachtet, die Nüsse auf die Straße werfen. Dort fuhren Autos über die Nüsse und knackten so ihre harten Schalen.

Andere Krähen warten in den Parks geduldig ab, bis die Leute mit ihrem Picknick fertig sind. Danach untersuchen sie die Mülltonnen nach Essensresten. Oft benutzen Krähen dabei Werkzeuge, um ihre Futterquellen genauer zu untersuchen.

Aber warum können die Krähen so viele Tricks? Fachleute glauben: Es liegt an den Städten, die sich durch den Menschen ständig verändern. Um in einer wechselnden Umgebung immer wieder Futter zu finden, muss man lernfähig und klug sein.

Text und Foto: Philipp Brandstädter,
zunächst erschienen über dpa Nachrichten für Kinder, Januar 2016

Quellen:

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