An Land sehen sie aus wie träge Klopse. Doch im Wasser sind sie wendige Räuber. See-Elefanten haben sich perfekt an das Leben unter Wasser angepasst.
Am weißen Strand herrscht ein unheimliches Gedränge. Hunderte, ja, Tausende Gestalten wälzen sich im Sand. Schon von weitem hört man sie laut grunzen und dröhnen. Und dann dieser Mief! Was da faul in der Sonne liegt, sind auf keinen Fall menschliche Badegäste. Das sind See-Elefanten!
See-Elefanten sind die größten Robben der Welt. Dabei sind die Ungetüme, die an der Westküste der USA liegen noch von der kleinen Sorte. Die können zwar schon so lang und so schwer wie ein Kleinwagen werden. Doch die See-Elefanten, die an der Antarktis wohnen, werden noch größer! Die Männchen erkennt man gut an ihrer großen Nase. Die können sie aufpusten, um andere Artgenossen damit zu beeindrucken. Wegen diesen rüssel-ähnlichen Nasen haben die See-Elefanten auch ihren Namen. Mit den Elefanten, die in Afrika und Asien leben, haben die Tiere ansonsten nichts zu tun.
Es sieht schon ein bisschen drollig aus, wie träge die riesigen Tiere am Strand herumliegen. Doch der Anblick täuscht. Die walzenförmigen Faulpelze können unheimlich schnell und sehr elegant sein. Aber nur, wenn sie im Wasser sind. Dann zeigen die See-Elefanten, was für tolle Schwimmer und geschickte Räuber sie sein können. Dort ernähren sie sich vor allem von Fischen, Tintenfisch und Krebsen.
1.500 Meter tief
Einen See-Elefanten unter Wasser zu beobachten, ist schwierig. Deshalb haben Wissenschaftler einzelnen Tieren einen kleinen Elektro-Chip verpasst. So ließen sich die Wege der Riesen-Robben später am Computer verfolgen. Die Tierforscher fanden dabei heraus: See-Elefanten können bis zu einer Stunde unter Wasser bleiben. Danach müssen sie wieder an die Oberfläche, um Luft zu holen. Sie können unglaubliche 1.500 Meter tief tauchen. Und die See-Elefanten an der Westküste Amerikas schwimmen bis nach Alaska hinauf. Deshalb tragen die Tiere auch so eine dicke Speckschicht mit sich herum. Die schützt die Tiere gegen das eisige Wasser.
Nur zwei Mal im Jahr sind die Tiere an Land. Zurzeit sind die See-Elefanten von der Westküste zum Fellwechsel im Trockenen. Und auch im Winter treffen sich die Tiere dort. Denn dann ist Paarungszeit. In den vergangenen Jahren hat sich die Kolonie der Tiere gut erholt. Dabei hat man die See-Elefanten beinahe komplett ausgerottet. Wegen ihres Trans hat man die Robben früher stark bejagt. Die Leute machten daraus zum Beispiel Salben, Lampenöl und Schmierstoffe. Heute stehen die See-Elefanten unter Naturschutz. Damit sich die ungewöhnlichen Tiere auch in Zukunft ungestört die Sonne auf den Pelz scheinen lassen können.
Blutige Kämpfe am Strand
Manchmal kommt es am Strand zum Kampf. Dann stehen sich zwei mächtige See-Elefanten gegenüber. Sie richten ihre Oberkörper auf, brüllen sich laut an und blasen ihre wulstigen Nasen auf. Sie wollen sich möglichst groß machen, um einander zu verscheuchen. Doch die beiden Bullen sind etwa gleich stark und weichen deshalb nicht von der Stelle. Es kommt zum Kampf. Und der sieht ziemlich fürchterlich aus.
Mit aller Wucht rammen die beiden Männchen ihre Zähne in den Brustpanzer ihres Gegners. Es fließt Blut. Und der Kampf endet erst, wenn einer der beiden Kontrahenten flieht. „Die Kämpfe der See-Elefanten sehen brutal aus“, sagt Sven Wieskotten. Er ist Tierforscher und kennt sich gut mit allen Robben-Arten aus. „Doch die dicke Speckschicht an der Brust schützt die Tiere meist vor gefährlichen Verletzungen.“ Doch warum kämpfen die See-Elefanten überhaupt miteinander?
Die Bullen machen die Rangordnung unter sich aus. In der Paarungszeit verteidigen sie ihre Weibchen gegen Konkurrenten. Jeder Bulle schart dabei bis zu 100 Weibchen um sich. Mit ihnen sorgen die Männchen am Land für Nachwuchs. Danach lösen sich die Gruppen wieder auf und kehren zurück ins Wasser.
Vom Land zurück ins Wasser
Vor Millionen von Jahren verließen erste Lebewesen die Ozeane. Sie entwickelten sich zu Reptilien, die an Land lebten. Und zu Vögeln, die den Himmel eroberten. Später gab es Lebewesen, zu denen auch die Menschen gehören: die Säugetiere. Sie passten sich an die Natur an und eroberten so die Kontinente der Erde. Doch manche von ihnen kehrten ins Meer zurück. Zum Beispiel die Wale, die Delfine – und auch die Robben.
„Wahrscheinlich gingen die Vorfahren der Robben zurück ins Wasser, weil es dort mehr für sie zu fressen gab“, erklärt der Experte. So entwickelten sich aus den Beinen der Säuger Flossen. Die großen Augen passten sich an die Sicht unter Wasser an. Und die Lungen konnten bald viel Sauerstoff für tiefe Tauchgänge tanken.
Heute gibt es Robben auf der ganzen Welt. In Deutschland lebt zum Beispiel der Seehund und die Kegelrobbe – das größte Raubtier des Landes. Außerdem gehören noch See-Leoparden, See-Bären, See-Löwen, die Walrosse mit ihren auffälligen Stoßzähnen und natürlich die See-Elefanten zu den Robben. Sie alle haben sich gut an das Leben als Raubtier unter Wasser angepasst.
Text und Foto: Philipp Brandstädter,
zunächst erschienen über dpa Nachrichten für Kinder, August 2015
Quellen:
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