Gürteltier

Wach, wenn alles schläft: So leben nachtaktive Tiere

Manche Tiere machen die Nacht zum Tag. Dabei haben sie sich mit mit ganz besonderen Sinnen an die Dunkelheit angepasst.

Die Sonne bestimmt das Leben auf der Erde. Alle Lebewesen haben sich daran angepasst. Die Pflanzen brauchen das Licht zum wachsen. Die Menschen würden sich ohne Licht verlaufen. Doch manchen Tieren ist die liebe Sonne gar nicht so wichtig. Sie haben die Nacht für sich entdeckt. Solche Tiere nennt man nachtaktiv.

Vor allem kleine Säugetiere sind nachtaktiv. Forscher vermuten, dass sie in der Dunkelheit Schutz gesucht haben. Denn ihre Vorfahren konnten so am besten den räuberischen Dinosauriern aus dem Weg gehen. So schlafen die nachtaktiven Tiere wie Igel, Mäuse und Hamster tagsüber in Höhlen, im Boden oder in Bäumen. Erst wenn es dunkel wird, kriechen sie aus ihren Verstecken. Denn im Dunkeln sind sie besser vor den Tieren geschützt, die sie fressen wollen. Doch längst haben sich auch viele Raubtiere auf die Nacht spezialisiert. Der Fuchs, die Katze oder die Eule zum Beispiel. Alle nachtaktiven Tiere haben eines gemeinsam: Sie haben sich mit ihren Sinnen bestens an das Leben im Dunkeln angepasst.

Große Augen, gute Ohren

Wo unsere Augen nur noch schwarz sehen, haben nachtaktive Tiere immer noch gute Sicht. Denn ihre Augen sind anders aufgebaut. Viele nachtaktive Tiere haben im Vergleich zu ihrer Körpergröße besonders große Augen. Außerdem haben sie Pupillen, die sich im Dunkeln sehr weit öffnen und mehr Licht einfangen. Am Tag ziehen sie sich zu schmalen Schlitzen zusammen.

Manche Augen wie etwa die von Katzen können darüber hinaus noch mehr. „Im Augenhintergrund gibt es eine reflektierende Spiegelschicht“, erklärt Katrin Koch. Sie kennt sich gut mit Wildtieren aus. „Das ist eine Art Restlicht-Verstärker. Damit können die Tiere nachts viel mehr sehen als wir.“ Diese Schicht ist auch der Grund, warum Katzenaugen so stark funkeln, wenn sie aus dem Dunkeln ins Licht laufen oder sie von einer Kamera angeblitzt werden.

Ein besonders gutes Gehör hat zum Beispiel der Fuchs. Seine großen, spitzen Ohren kann er in alle Richtungen bewegen. Damit kann er Beutetiere in seiner Nähe hören, aber auch die Rufe anderer Füchse in der Ferne. „Bei der Jagd ist es schwer, kleine Tiere wie Mäuse im hohen Gras zu sehen“, erklärt die Expertin. „Da kann sich der Fuchs ganz auf seine guten Ohren verlassen.“ Er hört die leisen Mäuseschritte, schleicht sich an – und stürzt sich dann auf seine Beute.

Empfindliche Sinne

Und es gibt noch mehr Sinne, die nachtaktive im Dunkeln nutzen. Eine feine Spürnase etwa. Bekannt für ihren guten Riecher sind die Wildschweine. „Sie können sogar Käferlarven erschnüffeln, die tief in der Erde stecken“, sagt Katrin Koch. Mit ihren langen Rüsseln wühlen sie die Erde auf und gelangen dadurch an ihr Futter. Die Tiere suchen mit ihrer Nase aber nicht nur nach Fressen. Sie finden sich auch nachts im Wald zurecht, indem sie Duftmarken setzen. Über die wissen die Wildschweine, ob ein Familienmitglied oder ein anderes Tier in der Nähe ist.

Waschbären wühlen im Wasser gern das Flussbett auf. Dort finden sie Würmer, Schnecken und Larven, die sie fressen können. Lecker. Doch wer erst einmal ordentlich Dreck aufwirbelt, sieht nicht mehr viel. Den Waschbären stört das wenig. Er verlässt sich auf seinen hervorragenden Tastsinn. Tag und Nacht. „Waschbären haben nicht nur wie viele andere Tiere empfindliche Tasthaare an ihrer Schnauze“, erklärt die Fachfrau. „Sie sind auch an ihren Pfoten damit ausgestattet.“ Die Härchen an den empfindlichen Pfoten machen es möglich, alles blind aufzuspüren, was für den Waschbären interessant sein könnte.

Die nachtaktiven Tiere haben sich perfekt an das Leben in der Dunkelheit angepasst. „Ihre Sinnesorgane sind so empfindlich, das können wir uns mit unseren menschlichen Sinnen gar nicht vorstellen“, erklärt Katrin Koch. Und natürlich haben sich die Tiere längst nicht nur auf einen Sinn spezialisiert. Alle sind gut ausgebildet. So verfügen Fuchs, Katze und Co. über echte Superkräfte. Da können die Menschen nur staunen – und abwarten, bis es draußen wieder hell wird.

Nachttiere beobachten

Mitten in der finsteren Nacht Tiere beobachten? Schwierig. Und dann auch noch Tiere, die gar nicht bei uns in freier Natur leben? Fast unmöglich. Aber eben nur fast. Denn in manchen Zoos gibt es so genannte Nachttierhäuser. Die sind meist unterirdisch wie eine dunkle Höhle gebaut. So können die Betreiber vom Zoo dort Tag und Nacht vertauschen. Am Tag, wenn die Besucher im Zoo sind, ist im Nachttierhaus alles dunkel. Dann zeigen sich dort die nachtaktiven Tiere, die dort leben. Abends, wenn der Zoo geschlossen ist, gehen dann im Nachttierhaus die Lampen an. Die Tiere denken dann, es ist Tag – und gehen schlafen.

Im Nachttierhaus des Berliner Zoos etwa gibt es jede Menge nachtaktive Tiere aus aller Welt zu sehen. Gürteltiere, Erdferkel oder das Plumplori würde man in freier Natur wahrscheinlich nie zu Gesicht bekommen. Auch diese Tiere haben besonders ausgeprägte Sinnesorgane. Bei den Fenneks sieht man das auf den ersten Blick. Die kleinen Wüstenfüchse haben riiiesige Ohren.

„Fenneks leben eigentlich in der Wüste von Afrika“, erklärt Heiner Klös vom Berliner Zoo. „Sie haben sich auf ein Leben in der Nacht spezialisiert, weil es tagsüber einfach viel zu heiß ist.“ Denn nachts, wenn die Sonne nicht auf die Erde brennt, ist es in der Wüste natürlich viel kühler.

Text und Foto: Philipp Brandstädter,
zunächst erschienen über dpa Nachrichten für Kinder, Juni 2015

Quellen:

Nachttierhaus Zoo Berlin

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