Schulnoten

Wer braucht schon Schulnoten?

Der Augenblick der Wahrheit steht bevor: Es gibt Zeugnisse. Die einen freuen sich auf lauter Einsen. Andere zittern, ob es zur besseren Note gereicht hat. Und manche haben Angst sitzen zu bleiben. Die meisten Schüler werden an Noten gemessen. Ist das sinnvoll?

Einerseits können Noten wichtig sein. Die Gründe:

Noten geben Auskunft. Hast du eine Eins oder Zwei in einem Fach? Dann heißt das meistens, dass du den Stoff gut verstanden hast. Eine Drei oder Vier sagt bereits aus: Die Leistung könnte besser sein. „Die Schüler erfahren, wie stark sie in einem Fach sind“, sagt der Fachmann Olaf Köller. „Auch die Eltern wissen durch die Noten, ob ihr Kind vielleicht Nachhilfe gebrauchen kann“. Auch Lehrer erkennen anhand der Zensuren, ob und wie gut du den Unterricht verstanden hast.

Noten schaffen Zukunft. Wenn du die nächste Klassenstufe erreichen willst, solltest du besser keine Fünfer und Sechser im Zeugnis haben. In der Grundschule braucht jeder einen guten Notendurchschnitt, wer auf ein Gymnasium übertreten will. Später kann ein guter Wert für einen Platz an einer Universität oder in einem Betrieb entscheidend sein. Denn durch Noten lassen sich Abschlüsse miteinander vergleichen. Je besser ein Abschluss, desto größer die Chance auf einen Ausbildungsplatz.

Noten sind ein Ansporn. „Gute Noten sollen Schüler dazu aufmuntern, auch weiterhin gut im Unterricht mitzumachen“, sagt der Experte. „Schlechte Noten können Schülerinnen und Schüler dazu bringen, künftig besser aufzupassen.“ Die Zensuren im Zeugnis sollen dir also dazu dienen, dich in nächster Zeit genauso im Unterricht anzustrengen. Oder eben noch ein bisschen mehr.

Doch Schulnoten sind eben auch großer Quatsch. Und zwar darum:

Noten sagen zu wenig aus. Hast du schon einmal eine schlechte Noten geschrieben? Wenn ja: Woran hat es gelegen? Hast du den Test nicht verstanden? Warst du zu faul für deine Hausaufgaben? Oder hattest du andere Sorgen im Kopf? Für eine schlechte Note kann es viele Gründe geben. „Eine Note kann allenfalls zeigen, wie gut oder schlecht man eine Aufgabe lösen kann“, sagt Schulleiter Rainer Devantié. Er hält nicht viel von Noten. „Die Persönlichkeit eines Menschen lässt sich dadurch aber nicht beschreiben.“

Noten sind Zufall. „Oh nein, im nächsten Jahr haben wir Herrn Müller in Mathe! Der schreibt doch immer so schwere Tests…“ Vielleicht kennst du das an deiner Schule auch: Manche Lehrer sind dafür bekannt, dass ihr Unterricht etwas leichter oder schwerer ist. Dann hagelt es in Mathe lauter Vieren – und ein Jahr später sind die Noten in der Klasse viel besser. „Eine Zahl ist schnell vergeben“, sagt der Schulleiter. „Besser als Noten sind längere Berichte, in der die Lehrer die Leistung ihrer Schüler beschreiben.“

Noten schüchtern ein. Die Vermutung liegt nah: Wer schlechte Noten hat, ist auch ein schlechter Schüler. Doch bedeutet eine Fünf in Mathe, dass du in dem Fach eine Niete bist? „Bei einer schlechten Note meinen die Kinder, sie können nichts“, sagt der Fachmann. „Auf diese Weise üben Noten nur unnötigen Druck aus.“ Gleichzeitig würden Noten nur die Klassenbesten fördern, weil diese wieder und wieder durch gute Zensuren belohnt werden. Dass das nicht gerecht ist, finden nicht nur Schüler. Auch manche Experten sehen das so.

Die Glocke entscheidet

Eine Eins, eine fünf, ein paar Zweien und Vieren, ansonsten viele Dreier. Diese Noten kommen meisten heraus, wenn eine Klasse einen Test geschrieben hat. Reiner Zufall? Nö. Es ist eher eine Art Naturgesetz.

Wenn man eine Sache mehrfach untersucht und misst, dann kommen unterschiedliche Werte heraus. Meistens entsteht dasselbe Ergebnis, doch es gibt auch Abweichungen. Man spricht dabei von der so genannten Normalverteilung. Oder auch: von der Gauß-Glocke. Stellt man diese Verteilung zeichnerisch dar, dann kommt eine Kurve dabei heraus. Die sieht aus wie eine Glocke. Der Mathematiker Carl Friedrich Gauß hat sich damit beschäftigt.

Die Verteilung gibt es auch, wenn ein Lehrer einen Test schreiben lässt. Durch ihn will der Lehrer herausfinden, wie gut die Klasse den Unterricht verstanden hat. Dabei kommt ein Mittelwert an Noten heraus. Das heißt: Die meisten Schüler haben den Stoff gut verstanden. Außerdem gibt es ein paar, die besonders gut sind. Und ein paar, die die Aufgaben weniger gut lösen konnten.

Doch mit dieser Glocke gibt es ein Problem: In der Klasse muss es offenbar immer Schüler geben, die nicht gut abschneiden. Denn würde es nur Einser und Zweien geben, wäre der Test zu leicht gewesen. Der nächste Test würde dann schwerer werden. Manche Lehrer haben finden die Sache mit der Noten-Verteilung nicht gut. Sie sagen: Die Noten sind gar nicht für die Schüler gedacht. Sondern für die Gauß-Glocke.

Text und Foto: Philipp Brandstädter,
zunächst erschienen über dpa Nachrichten für Kinder, Januar 2016

Quellen:

Normalverteilung

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