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Namen erforschen

Warum heißen wir so wie wir heißen? Unsere Namen haben meistens eine Bedeutung. Nur verstehen wir sie oft nicht mehr. Die Onomastik macht es sich zur Aufgabe, den Sinn hinter den Namen herauszufinden.

Hallo, mein Name ist Philipp Brandstädter. So heiße ich schon eine ganze Weile. Seitdem ich denken kann eigentlich. Aber warum heiße ich so? Ja, na klar: Weil mich meine Eltern so genannt haben. Aber wo kommt der Name tatsächlich her?

Um das herauszufinden, habe ich einmal Gabriele Rodriguez in Leipzig besucht. Sie war eine tolle Namensforscherin. Leider ist sie kürzlich nach langer Krankheit gestorben. In ihrem Büro standen jede Menge dicke Bücher. In denen suchte sie nach alten Worten aus aller Welt. Denn hinter ihnen versteckte sich oft, was unsere Namen bedeuten.

Namensforscher suchen etwa nach Namen von Orten, Landschaften und Flüssen sowie Vor- und Nachnamen von Personen. Denn häufig brauchen Ämter und Gerichte nähere Infos von den Fachleuten. Oft wollen werdende Eltern wissen, wie sie ihr Kind nennen können. Denn nicht jeder Name ist erlaubt. Mama und Papa hätten mich nicht aus Spaß Pfefferminz oder Obstsalat nennen dürfen. Ob sie gern gewollt hätten oder nicht.

Eine erste Spur

Und manchmal sind Leute einfach nur neugierig. Sie wollen gern mehr über ihre Herkunft erfahren. „Dazu muss ich zuerst herauszufinden, aus welcher Gegend der Name stammt“, erklärte mir Gabriele Rodriguez. Für die Wissenschaftlerin war die Sprache oder die Mundart wichtig, aus der ein Name herkommt. „Mit dieser ersten Spur beginne ich dann, in den Büchern nachzuschlagen.“

Bei ihrer Suche griff die Expertin auf eine riesige Bücherei zurück. An der Universität von Leipzig werden Namen schon viele Jahre lang erforscht. Und dabei haben die Wissenschaftler zahlreiche Bücher veröffentlicht. Doch auch in diesen vielen schlauen Bücher steht alles, was Gabriele Rodriguez bei ihrer Arbeit brauchte. „In Deutschland gibt es 900.000 Familiennamen“, erklärte die Frau. Die sind längst nicht alle erforscht. „Wenn Leute aus anderen Ländern einreisen, kommen noch mehr spannende Namen hinzu.“

Unsere Nachnamen stammen aus dem Mittelalter. Mehr und mehr Leute zogen damals aus den Dörfern in die Städte. Dort wurde es für die Verwaltungen allmählich unübersichtlich. Viele Leute hießen einfach nur Maria und Paul und Anna und wurden schnell mit anderen Marias, Pauls und Annas verwechselt. Also bekamen die Leute zu ihrem Vornamen noch einen Familiennamen.

Beruf, Herkunft, Aussehen

Viele Leute wählten ihren Beruf als Familiennamen. Also Fischer, Schneider und Zimmermann. Andere Namen wiesen auf die Herkunft und Landschaften hin: Bayer, Hamburger und Neustädter. Manche hießen so, wie sie aussahen. Herr Klein und Frau Schön und Herr Fuchs mit den roten Haaren. Und wieder andere erhielten den Namen ihres Vaters. Werner, Herrmann, Friedrich. „Oder auch Rodriguez“, sagte Gabriele Rodriguez. „Der Name kommt aus Spanien und bedeutet: Sohn des Rodrigo.“

Aber was ist denn nun mit meinem Namen? Philipp kommt aus dem Griechischen, das habe ich schon einmal nachgelesen. Philos heißt Freund und Hippos heißt Pferd. Ich bin also ein Pferdefreund. „Und ihr Nachname deutet auf einen Ort hin“, sagte mir Gabriele Rodriguez, als sie ihn in einem ihrer Bücher entdeckte. Wenn Wälder gerodet wurden, um dort Siedlungen zu errichten, dann taufte man den Ort gern so. Im Süden Deutschlands gibt es mehrere Brandstadts und Brandstätts. Vielleicht kommt dort ja mein Ur-ur-ur-ur-ur-Großvater her. Und warum heißt du so wie du heißt? Mach dich doch einfach mal auf die Suche!

Müller, Meier, Schmidt

Etwas schwieriger wird das, wenn dein Name häufig vorkommt. Müller, Meier, Schmidt. Oder auch Möller, Mayer, Schmitt. In allen möglichen Schreibweisen sind diese drei Familiennamen die häufigsten in Deutschland. Damals im Mittelalter, als die Nachnamen entstanden, waren den Leuten hierzulande Berufe besonders wichtig.

Offenbar hat es etliche Müllers gegeben, die in Mühlen gearbeitet haben. Und Schmidts, die Metall geschmiedet haben. Und viele Meiers haben ursprünglich als Verwalter etwas beaufsichtigt. Der Name kommt aus dem Lateinischen und bedeutet so viel wie groß, stark oder wichtig.

Doch nicht überall haben die Leute ihren Beruf so wichtig genommen. In anderen Ländern zählte zum Beispiel die Familie und somit die Namen der Eltern viel mehr. So kommt im Land Norwegen der Nachname Hansen am häufigsten vor. In Frankreich heißen sehr viele Menschen mit Nachnamen Martin.

Text und Bild: Philipp Brandstädter,
zunächst erschienen über dpa Nachrichten für Kinder, Februar 2017

Quellen:

Namenkundliche Informationen

Häufige Familiennamen

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