Davonreiten ist nicht

Davonreiten ist nicht

erschienen in der taz, am 3.12.2022

Das Nationalgetränk ist vergorene Stutenmilch, eine Jurte erzählt vom Zweiten Weltkrieg, das Land vertrocknet derweil.

Ach, ich hätte ja Fotos gemacht. Als Beleg, wenn ich mich später im Freundeskreis überdreht, aber auch liebevoll über die ulkige Andersartigkeit eines anderen Landes lustig gemacht hätte. Aber ich musste die Kamera abgeben, als ich das Nationalmuseum von Bischkek betrat, denn das ist nun einmal zum Lernen da und nicht zum Lustigmachen.

Also lerne ich von einer riesigen Landkartentapete, dass die alten Kirgisen gefühlt ganz Asien beritten haben und dass der Lederharnisch mit den Ketten und Riemen in der Vitrine vor mir zweitausend Jahre alt sein soll, obwohl er so aussieht wie frisch aus dem Fetischladen. Jenseits des Schlachtfelds trugen die Frauen damals Fuchs, lerne ich weiter, die Männer Schneeleopard.

Und wegen dieses Schneeleoparden bin ich überhaupt erst in diesem fremden Land gelandet, denn – Achtung: Transparenzhinweis! – der Naturschutzbund hatte mich im Juni auf eine Pressereise eingeladen. Der Nabu hat in Kirgisistan nämlich eine eigene Abteilung, die das edle Tier vor dem Aussterben bewahren will, indem sie oben in den Bergen Jagd auf Wilderer macht.

Kaum noch Schneeleoparden

Doch weil es nur noch etwa 300 kirgisische Schneeleoparden gibt und mich darum eher der Blitz trifft als ich einen wahrhaft wilden Schneeleoparden, versuche ich mir stattdessen ein Bild zusammenzureimen, wie dieses Land so tickt, von dem ich nicht sicher bin, mit wie vielen I oder Y ich es jenseits kyrillischer Buchstaben denn schreiben soll.

Bischkek ist die Hauptstadt und der politisch-wirtschaftlich-kulturelle Mittelpunkt Kirgisistans. Die Stadt liegt ganz im Norden des Landes am Fuße von schneebedeckten, beinahe 5.000 Meter hohen Bergen, in denen die meisten der wenigen verbleibenden Schneeleoparden leben.

Die Hauptstadt wird vom Tschüi Prospekti halbiert, einer Hauptverkehrsachse, die auch schon nach Stalin und Lenin benannt war. Aber das hier ist nicht Russland, jedenfalls nicht zurzeit, man weiß ja nie. Die aktuelle russische Grenze ist 1.500 Kilometer kasachische Steppe entfernt.

Doch da die Russen Bischkek vor 150 Jahren auf einer einstigen Karawanenstation der Großen Seidenstraße gründeten, die Kirgisische SSR bis zu ihrem Zerfall Teil der Sowjetunion war und Russisch bis heute als zweite offizielle Sprache gilt, kann man die Gegenwart Moskaus deutlich spüren, auch wenn die Mehrheit der Kirgisen nicht wirklich Bock auf diese Gegenwart hat, schon gar nicht in Zeiten wie diesen.

Auf dem Tschüi Prospekti

So ragt neben den übertrieben breiten Straßen Sowjetbombast in den wolkenlosen Himmel: das Nationalmuseum, das Haus der Gewerkschaften, die Philharmonie, das Weiße Haus des Präsidenten; alles brutale, klassizistische Architektur hinter palastartigen Fassaden.

Das Mahnmal des Großen Vaterländischen Krieges auf dem Bischkeker Siegesplatz deutet eine Jurte an, die von nur drei Stelen gehalten wird. Die Jurte erinnert an die unzähligen kirgisischen Soldaten, die von den Sowjets im Zweiten Weltkrieg an der Front verheizt wurden. Denn wenn eine Nomadenfamilie den Tod eines Verwandten betrauert, entfernt sie eine der vielen tragenden Stelen ihrer Jurte.

So viele -stans

Unter der stählernen Kuppel des Mahnmals wärmen sich frühmorgens ein paar Kids an der ewigen Flamme auf und wissen nicht, wohin mit sich, bevor die Sonne wieder den Asphalt zum Kochen bringt. Auch auf den sechs bis acht Spuren des Tschüi Prospekti ist fast keiner unterwegs, im Stadtkern trotzt nur die Ehrenwache unter einer gigantischen Nationalflagge der brütenden Hitze. Und ein Polizist, der mich rauchend darauf hinweist, dass hier nicht geraucht wird.

Das kleine Kirgisistan wird vom Westen gern als tapfere Demokratie inmitten der wilden Autokraten Zentralasiens gefeiert. Doch eingeklemmt zwischen China und einer Handvoll weiterer Länder mit „-stan“ hinten dran scheint das mit der Demokratie gar nicht so einfach zu sein für die noch so junge Nation, wie mir ein paar Nabu-Mitarbeiter mit guten Englischkenntnissen bei ein oder zwei Wodka erklären.

Die Freiheit scheint für Chaos zu sorgen, und immer, wenn gewählt wird, zündet irgendjemand das Parlamentsgebäude an. Zuletzt stand es vor zwei Jahren in Flammen, erzählen sie. Der alte Präsident wurde fortgejagt und ein anderer eingesetzt, den dessen Anhänger am Vortag aus dem Hochsicherheitsgefängnis befreit hatten.

Immer das gleiche Spiel

2005, 2010 ähnliche Bilder: Wahlen lösen landesweite Proteste aus, ein Mob stürmt das Weiße Haus und stürzt das Oberhaupt. Dem neuen kirgisischen Präsidenten bleibt dann nicht viel Zeit, seine Brüder, Söhne, Cousins und Neffen in hohe Ämter zu heben und gemeinsam den Staat auszunehmen.

Prompt rollt wieder eine Revolution los, die nach irgendeiner friedfertigen Blume benannt wird. Irgendjemand verspricht das Ende von Korruption und organisierter Kriminalität, und das Spiel geht von vorn los.

Die Kirgisen scheinen sich gern über sich selbst lustig zu machen. Kichernd schenken mir die Jungs die nächsten ein oder zwei Wodka ein und werden nicht müde, jedes vom Tisch gepickte Häppchen sofort nachzulegen. „Dänn-zo-luk-ü-tschin“ oder so ähnlich heißt es dann, auf die Gesundheit, und zwar unentwegt, runter damit, egal zu welcher Tageszeit.

Am Tisch werde ich mit Gruselgeschichten über vermeintliche kulinarische Traditionen aufgezogen, in dessen Showdown ich als Gast bald einen gekochten Hammelschädel spalten dürfe, um dann Augen, Zunge, Hirn und den ganzen Krimskrams darin auf mich und die fröhliche Runde zu verteilen. Tatsächlich wird mir dann aber doch kein Schädel gereicht, sondern eine Schüssel Kymyz, das Nationalgetränk, ein höllisch miefendes Gebräu aus vergorener Stutenmilch.

Am nächsten Tag fahren wir in den Süden an die usbekische Grenze, wo es ländlicher und ärmer wird. Ziel ist Osch, die zweitgrößte Stadt Kirgisistans, jahrtausendealter Handelsknoten und heute großer Drogenumschlagpunkt von Zentralasien.

Dreizehn Stunden geht die wilde Busfahrt durch unbeleuchtete Tunnel, am Straßenrand stehen bunte Moscheen herum, die allesamt ein bisschen wie Hüpfburgen aussehen, und aus dem Radio quäkt ein Smashhit, der von den Fahrgästen im Bus mitgegrölt wird. Rasul Mamatkulow besingt darin ebenfalls seine Reise von Bischkek nach Osch, aber in einem Mercedes. Solange der Motor zuverlässig schnurrt, heißt es in dem Lied, sei nichts weiter von Bedeutung, weder die Liebe, noch die ertragreiche Ernte. Muss er selbst wissen.

Kirgisen sollen Wasser sparen

In den Bergen südöstlich von Osch hat der Nabu gerade eine zweite Einheit von Antiwilderern engagiert, die Jagd auf Schneeleopardenjagende machen. Die Zypressen- und Walnusswäldchen grünen bei meinem Besuch im Sommer um die Wette, ein kristallklarer Bergfluss rauscht ins Tal hinab. Hier und da wähne ich mich glatt in der Schweiz oder in Slowenien, wären da nicht die Geier und Yaks, Jurten und Wacholderhaine. Und die Hitzetage, an denen die Gegend immer öfter bei 40 Grad fiebert.

Natürlich ist auch in Kirgisistan der Klimawandel längst angekommen. Der gigantische Bergsee Yssykköl, größer als zwei Saarlands, schrumpft. Die Seen Komsomolskoye und Pionerskoye im Norden Bischkeks sind seit diesem Jahr trockengelegt. Der darunterliegende Kanal trägt mehr Schlamm als Wasser. Und in den Bergen verliert der Schneeleopard seinen Lebensraum in den schmelzenden Gletschern und wird so nicht zu retten sein, Wilderer hin oder her.

Die Einwohner in den Städten sollen darum nur noch nachts duschen und nachts die Wäsche waschen, erzählt die Frau des kirgisischen Nabu-Chefs. Tagsüber tröpfele nur ein Rinnsal aus den Leitungen. Die Kirgisen sollen Wasser sparen, damit die Felder nicht vertrocknen. Wer kann, flieht in den heißen Tagen aus den Städten ein paar Hundert Meter bergauf, wo es merklich kühler ist.

Ausverkauf Kirgistan

Dort haben viele Familien ihre Jurten aufgebaut, wo sie Essen zubereiten und beisammensitzen, ganz wie in den guten alten Nomadenzeiten – nur sie und die Nachhaltigkeitstouristen, die das originale Nomadenleben gebucht haben.

In Kirgisistan sitzen schon die Kleinkinder auf Pferden. Jeder kann reiten, nur ich nicht, und so hat das Pferd, auf dem ich sitze, nicht wirklich Interesse daran, mich einen Hügel hinaufzutragen. Ein älterer Herr aus der Nachbarjurte hat Mitleid und nimmt mich in Schlepp. Planlos, was ich mit den Zügeln in den Händen soll, krame ich das Telefon hervor, um mich umständlich via Google Translate zu unterhalten.

Die Touristen werden das Land nicht aus der Krise kaufen können, spricht mir der Mann auf Russisch ins Mikrofon und sagt seinem Pferd ein paar Takte auf Kirgisisch, die der Übersetzer und ich nicht verstehen. Es gebe nur ein bisschen Gold und Öl zu exportieren. Dazu etwas Fleisch, Walnüsse und die berühmten Filzhüte. Ausländische Investoren könnten hier deshalb nach Belieben Schnäppchen machen. China baut Raffinerien ins Tienschangebirge, Gazprom hat das hiesige Gasnetz übernommen.

Wenn es früher, zu Nomadenzeiten, mal Ärger gegeben hat, erklärt mir der Mann zuletzt, seien seine Vorfahren einfach auf ihre Pferde gesprungen und davongeritten. Wohin er aber jetzt noch reiten soll, weiß er auch nicht so genau.

Bild und Text: Philipp Brandstädter

Torf und Moore schützen

Torf und Moore schützen

Nur ein paar karge Bäumchen sind zu sehen. Auch ein paar tiefschwarze Pfützen mit rotbraunen Grasbüscheln und Moosen drumherum. Der Rest wird vom dichten Nebel verschluckt, der tief über dem Boden schwebt. Eine geisterhafte Stimmung kommt hier auf. Schaurig schön. Im Schwarzen Moor ist das ganz normal. So normal ein Moor eben sein kann. Denn dieses Fleckchen Natur im Gebirge Rhön ist etwas ganz Besonderes.

Ein Moor ist eine sumpfähnliche Landschaft, die immer unter Wasser steht. Eine matschige Angelegenheit ist das. Für viele Lebewesen nicht wirklich einladend. Die Tiere, die dort leben, sollten nicht gerade wasserscheu sein. Sie müssen sich gut an die Verhältnisse im Moor anpassen können. Und die Pflanzen, die hier wachsen, wachsen langsam. Denn sie können dort weder viel Sonnenlicht noch viele Nährstoffe tanken.

Michael Dohrmann ist Fachmann für die Pflanzen und Tiere in der Gegend. Er weiß gut über das Schwarze Moor Bescheid. Herr Dohrmann hat ein paar hellgrüne Fäden in der Hand. „Das ist Torfmoos“, sagt er. „Es kann besonders gut Wasser speichern.“ Der Experte drückt das Moos in seiner Hand zusammen. Da tropft ordentlich Wasser raus. Wie aus einem Schwamm.

Was ist Torf?

Durch dieses Moos ist das Schwarze Moor entstanden. Und zwar so: Wie alle Moose hat das Torfmoos keine Wurzeln. Es wächst an seiner Spitze immer weiter, während die unteren Enden irgendwann absterben. Das abgestorbene Moos verrottet zu einem braunen Brei: dem Torf. Auf dem Torf wächst neues Moos. Und stirbt wieder ab. So entsteht eine Torfschicht über der anderen – und mit ihnen eine matschige Moor-Landschaft.

Für den Torf haben die Menschen die Moore nach und nach abgebaut. Den Torf konnten sie gut gebrauchen. Im Ofen diente er als guter Brennstoff. Heute ist er als billige Blumenerde beliebt. Manche Leute schmieren sich auch mit Torf ein oder baden darin. Das soll gut für die Haut sein.

Doch es dauert sehr lange, bis der Torf wieder neu entsteht. Das Moos im Moor kann nicht so schnell Torf herstellen, wie er von den Menschen abgebaut wird. Deshalb warnen Umweltschützer davor, Torf zu verwenden. „In tausend Jahren kommt durch das Moos gerade mal ein Meter Torf zusammen“, erklärt Michael Dohrmann.

Mythen und Märchen

Bei den Menschen waren die Moore lange Zeit unbeliebt. Landwirte können sie nicht bewirtschaften, weil der Boden viel zu nass ist. So nass, dass man im Matsch stecken bleiben kann. Und wegen dem Nebel kann man sich leicht verlaufen. Erst spät hat man festgestellt, dass ein Moor wichtig für die Umwelt ist. Zum Beispiel, weil es so viel Wasser speichern kann. Und weil hier seltene Pflanzen und Tiere leben.

Weil die Moore so wundersam sind, gibt es viele Sagen über sie. „Wenn ein Bauer mal wieder mit seinem Ochsenkarren im Moor stecken geblieben ist, dann hatte der oft viel Zeit, sich gruselige Geschichten auszudenken“, erzählt Michael Dohrmann. Von den Spukgeschichten kennt er eine Menge. Von Gespenstern und unerklärlichen Unglücken. Sogar ein ganzes Dorf soll vor vielen Jahren im Schwarzen Moor versunken sein.

Aber kann man denn überhaupt im Moor versinken? „Das ist ein Märchen“, sagt Michael Dohrmann. „Bis zur Brust kann man im Schlamm versinken. Dann steckt man immerhin so tief fest, dass man sich alleine kaum noch herausziehen kann.“

Das liegt daran, dass der Matsch im Moor eine größere Dichte hat als unser Körper. Wie ein Korken im Wasser würden wir eintauchen und dann an die Oberfläche gedrückt werden. Wir können also unmöglich in zähen Flüssigkeiten versinken, die eine höhere Dichte haben als unser Körper. Weder im Moormatsch, noch im Treibsand – und auch nicht in einem Schwimmbecken voller Schokopudding.

Moore schützen

Über die Jahrhunderte sind immer mehr Moore verschwunden. Erst wurden sie extra ausgetrocknet, um den Torf zu gewinnen oder die Flächen für die Landwirtschaft zu nutzen. Heute vertrocknen die Feuchtgebiete auch, weil wir häufiger Dürren erleben.

Wenn die Moore vertrocknen, setzen sie das CO2 frei, das sie gespeichert haben. Die wollen Naturschütze die Moore, die ausgetrocknet wurden, wieder vernässen. Das funktioniert, indem man zum Beispiel Gräben verschließt oder Dämme baut, damit das Wasser nicht entweichen kann.

Durch das Wasser können die Moore wieder wachsen – und dadurch mehr CO2 speichern. Außerdem bieten die Feuchtgebiete auch Lebensraum für viele Pflanzen und Tiere. Dazu gehören seltene Vogelarten.

Hungrige Pflanze

Neben dem Torfmoos hat sich zum Beispiel noch eine ganz besondere Pflanze im Schwarzen Moor ausgebreitet: der Sonnentau. Der ist nicht nur schön anzusehen, sondern auch richtig unheimlich. Denn weil die Pflanze kaum Nährstoffe aus dem Boden saugen kann, hat sie eine andere Strategie entwickelt. Der Sonnentau frisst Tiere!

An seinen kleinen rötlichen Blättern bildet der Sonnentau ein klebriges Sekret. Das sieht aus wie ganz viele Regentropfen. Wie Tau eben. Für durstige Käfer oder Fliegen sind diese Tropfen sehr verlockend. Doch wenn ein Insekt auf dem Sonnentau landet, dann ist es verloren. Es bleibt an den Tropfen kleben und kommt nicht mehr weg. Das Tier sitzt in der Falle.

Nun kann die fleischfressende Pflanze ihre Beute in aller Ruhe auflösen. Als nährstoffreichen Brei saugt der Sonnentau dann das gefangene Tier in sich auf. Vom Insekt bleibt nur die harte Hülle zurück. So tankt die Pflanze die Energie, die sie zum Überleben braucht.

Auf dem Steg

Die Besucher des Schwarzen Moors spazieren auf einem stabilen Steg aus Holzbrettern entlang. „Sich ordentlich schmutzig machen und in Panik geraten, das kann schon mal passieren“, sagt Michael Dohrmann. „So tief untergehen, dass man komplett im Moor verschwindet, ist jedoch unmöglich.“

Trotz aller Gruselgeschichten: Im Schwarzen Moor ist kein Dorf versunken. Und mit ihm auch keine Dorfbewohner, die heute als Gespenster ihr Unwesen treiben. Zwar sieht das Moor im Nebel mit seiner kargen Landschaft, den Torftümpeln und den merkwürdigen Pflanzen ein bisschen unheimlich aus. Aber es steckt dennoch voller Leben. Darum wollen Umweltschützer die Moore so lange wie möglich erhalten.

Text und Bild: Philipp Brandstädter,
zunächst erschienen über dpa Nachrichten für Kinder, September 2014

Quellen:

NABU über Moore

Treibhausgase heizen uns ein

Treibhausgase heizen uns ein

Dass es auf der Erde mal wärmer und mal kälter ist, ist ganz normal. Doch wir haben diese Veränderung des Klimas rasant beschleunigt. Die Natur passt sich nur langsam an und gerät aus ihrem Gleichgewicht. Lebensräume verändern sich, was das Leben von Pflanzen, Tieren und auch uns Menschen bedroht. Dass sich unser Planet aufheizt, liegt an bestimmten Gasen in unserer Luft.

Die Luft besteht aus mehreren Gasen. Der größte Teil ist das Gas Stickstoff. Ein Fünftel der Luft besteht aus Sauerstoff. Das ist das Gas, das wir zum Atmen brauchen. Ein kleiner Teil der Luft ist das Edelgas Argon. Und dann gibt es noch einige geringe Spuren von Gasen. Eines davon ist zum Beispiel Kohlenstoffdioxid. Es wird auch CO2 genannt.

CO2 ist ein Gas, das wir weder sehen noch riechen können. Pflanzen brauchen es um zu wachsen. Wir atmen es aus. Und in Getränken wie Brause sorgt es für die Blubberblasen. CO2 heißt so, weil diese Buchstaben auf seine atomare Struktur hinweisen. Alles in unserem Universum ist aus Atomen aufgebaut. Kohlenstoffdioxid besteht aus drei Atomen: ein Kohlenstoff-Atom (dafür steht das C) und zwei Sauerstoff-Atome (dafür stehen die zwei O).

CO2, CH4, N2O

„Drei Atome machen einen Unterschied“, sagt der Experte Dominik van Pinxteren. Denn solche Bausteine mit wenigstens drei Atomen können die Energie der Sonnenstrahlen aufnehmen. Die Gase Stickstoff und Sauerstoff bestehen in ihren grundlegenden Bestandteilen nur aus je zwei Atomen und lassen die Energie der Sonne passieren.

„Doch ein Gas wie CO2 ist für die Strahlen empfänglich“, erklärt der Fachmann weiter. „Es wird von der Sonne in Schwingung versetzt und schickt die Wärme teilweise auf die Oberfläche der Erde.“ CO2 sorgt also dafür, Sonnenwärme auf der Erde zu halten. Je höher der Anteil dieser Gase in der Luft ist, desto wärmer wird es. Und hier kommen wir Menschen ins Spiel.

Indem wir etwa Öl verbrennen, um Motoren anzutreiben oder Gebäude zu heizen, pusten wir vermehrt CO2 in die Luft. Auch die Landwirtschaft heizt der Erde ein, vor allem die Viehhaltung. Die Tiere, die wir essen, rülpsen und pupsen reichlich das Gas Methan aus, auch CH4 genannt. Beim Düngen der Felder wird Lachgas freigesetzt, auch N2O genannt. Beide Gase reagieren ebenfalls auf die Sonnenstrahlen und tragen zum Klimawandel bei.

Je wärmer, desto mehr Energie

In den vergangenen 150 Jahren ist der Anteil des CO2 in der Luft angestiegen, besonders stark in den letzten 30 Jahren. Und der Wandel geschieht immer schneller. „Was zuvor in Millionen Jahren passieren konnte, verursachen wir Menschen in wenigen Jahrzehnten“, erklärt Dominik van Pinxteren. Das hat schwerwiegende Folgen auf unserem Planeten.

Je wärmer die Luftschichten über der Erde werden, desto mehr Energie haben sie. Was das bedeutet, können wir immer öfter in den Nachrichten verfolgen: Heftige Stürme und Hochwasser hier, lange Dürren und Waldbrände dort. Das Eis an Nord- und Südpol schmilzt, der Meeresspiegel steigt. Der Klimawandel gefährdet so jedes Leben auf der Erde.

Wenn es an einem Tag mal 24 oder 25 Grad hat, macht das für uns nicht viel aus. Wenn sich aber das gesamte Klima auf der Welt um einen Grad erwärmt, ist das ein Riesenunterschied. Denn es handelt sich um einen Mittelwert, hinter dem sich sehr viel größere Veränderungen des Wetters auf der Welt verbergen.

Gemeinsam gegen den Klimawandel

Aus diesem Grund versuchen wir, weniger klimaschädliche Gase zu verursachen. Wenn wir das schaffen, kann die Natur das CO2 nach und nach speichern, etwa in Pflanzen und in den Meeren. Doch um diese sogenannte Klimawende zu schaffen, müssen alle Menschen auf der Welt mitmachen. Und Fachleute befürchten, das uns dafür nicht mehr viel Zeit bleibt.

Sie fanden heraus: Wenn sich der Mittelwert noch stärker erhöht, gerät unser Klima auf der Welt außer Kontrolle. Deshalb einigten sich Politiker auf der ganzen Welt auf eine Vereinbarung. Sie machten aus, dass es künftig um höchstens 1,5 Grad wärmer werden darf. Auf diesen Plan verständigten sich die Länder der Welt mit dem sogenannten Pariser Klimaabkommen.

Um das Klimaabkommen einzuhalten, unternehmen manche Staaten nun viele Dinge: Sie lassen etwa diejenigen, die viel CO2 verursachen, hohe Steuern bezahlen. Oder sie versuchen umweltfreundlicher Strom herzustellen.

Auch wir Bürger können etwas fürs Klima tun. Wir können mit dem Fahrrad statt mit dem Auto fahren. Wir können unsere Zimmer nicht so stark beheizen. Oder Gemüse essen anstatt Fleisch. So könnten wir klimaschädliche Gase einsparen.

Text und Bild: Philipp Brandstädter,
zunächst erschienen über dpa Nachrichten für Kinder, Oktober 2021

Quellen

Bestandteile unserer Luft

Grundlagen zum Klimawandel

Bedeutung der Treibhausgase

Klima und Viehzucht