Axolotl

Axolotl werden nicht erwachsen

Axolotl haben nicht nur einen ungewöhnlichen Namen. Die Lurche sind auch sonst ganz besondere Tiere. Sie bleiben ihr ganzes Leben im Larven-Stadium und haben Fähigkeiten, die sie für die Forschung interessant machen.

Zwei ulkige Tiere sitzen im Aquarium. Sie sehen ein bisschen wie übergroße Kaulquappen aus. Das eine Tier ist fast ganz weiß. Am Kopf trägt es einen rötlichen Kamm. Das andere ist dunkelgrau, fast schwarz. Beide kauen genüsslich auf ihrem Futter herum. René Spierling hat die Tiere gerade mit ein paar Würmern gefüttert. Beim Fressen ziehen sich ihre Mundwinkel ein wenig nach oben. Dann sieht es so aus, als ob die beiden lächeln würden.

René Spierling ist im Deutschen Technikmuseum in Berlin auch für Ausstellungen zuständig. Und die Tiere, die er dort füttert, heißen Axolotl. Der Name ist für uns so ungewöhnlich wie die Tiere selbst. Er kommt aus einer Sprache, die früher im heutigen Mexiko in Mittelamerika gesprochen wurde. Übersetzt heißt Axolotl so viel wie Wasser-Hund oder Wassermonster. So monströs sehen die Axolotl aber gar nicht aus. Eher sehr niedlich. Und warum sie bei René Spierling im Technikmuseum wohnen, hat einen besonderen Grund.

Ewige Larven

„Der Axolotl ist mit den Salamandern verwandt“, erklärt René Spierling. Salamander legen weit entwickelte Larven im Wasser ab. Andere Lurche wie Molche, Kröten und Frösche schlüpfen aus Eiern im Wasser. Dort wachsen sie zunächst als Larven zu ausgewachsenen Tieren heran. Sie entwickeln Lungen und können damit auch an Land atmen. Bei den Axolotl ist das anders.

„Im Gegensatz zu den anderen Lurchen bleibt er immer im Wasser“, erklärt der Fachmann. Und noch viel eigenartiger: „Sie bleiben im Larven-Stadium und werden dadurch nie wirklich erwachsen.“ So sind die beiden Axolotl im Museum schon über zehn Jahre alt – und sehen immer noch aus wie Lurch-Babys.

Als ewige Larven haben Axolotl ungewöhnliche Fähigkeiten. „Die Tiere sind Meister der Selbstheilung“, erklärt René Spierling. Ihre Körper reparieren sich außerordentlich gut. „Wenn ein Axolotl ein Bein verliert, dann wächst das vollständig nach“, so der Experte. „Sogar ganze Organe können die Tiere neu ausbilden, wenn diese verletzt werden.“

Irre Heilungskräfte

Lebewesen können sich reparieren. Die Spinne erneuert ihr beschädigtes Netz, der Biber bessert den Damm aus. Die Wurzeln und Blätter einer Pflanze wachsen nach. Und wenn wir uns aus Versehen das Knie aufschürfen oder in den Finger schneiden, dann heilen die Wunden wieder. Das klappt allerdings nur sehr eingeschränkt. Mit den Heilungskräften der Axolotl ist das nicht zu vergleichen.

Aus diesem Grund sind die Tiere für die Wissenschaft interessant. Forschende wollen herausfinden, wie die Selbstreparatur der Axolotl genau funktioniert. Sie untersuchen dabei das Erbgut der Tiere. So wollen sie Erkenntnisse sammeln, um vielleicht auch einmal größere Verletzungen bei Menschen zu heilen.

Für die Forschung

Forschende wollen seit einiger Zeit mehr über die Superkräfte der Axolotl lernen. Inzwischen hat man schon herausgefunden: Das Axolotl bleibt immer im Larven-Stadium, weil ein bestimmtes Eiweiß in seinem Körper es hindert erwachsen zu werden. Dafür aber lässt es neue Zellen entstehen, die beschädigte Zellen ersetzen. Diese Fähigkeit ermöglicht es dem Axolotl, ein sehr langes und gesundes Leben zu führen.

In mehreren Laboren untersuchen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nun, ob dieses Eiweiß auch im menschlichen Körper funktioniert. Dazu müssen die Bauteile in unserem Erbgut entdeckt werden, die das Eiweiß arbeiten lassen. Dadurch könnte es dann auch unsere Zellen so toll erneuern wie es beim Axolotl geschieht.

See in Mexiko

Nur an einem Ort wurde das Axolotl in der freien Natur entdeckt: dem Xochimilco-See in Mexiko-Stadt und seinen umliegenden Kanälen. Zuerst dachte man, es sei nur die Larve einer bereits bekannten Lurchart. Doch dann stellte sich heraus: Das Axolotl ist eine eigene Art und somit etwas ganz Besonderes.

Heute leben die Tiere nicht nur in Mexiko. Man kann sie auch in vielen Zoos bestaunen. Manche Leute halten sie auch privat in Aquarien. Denn Axolotl sind anpassungsfähig und können in verschiedenen Umgebungen überleben.

Im Xochimilco-See gibt es derweil jedoch immer weniger Axolotl. Dort hat sich eine räuberische Fischart angesiedelt, die die einzigartigen Lurche frisst.

Text und Foto: Philipp Brandstädter,
zunächst erschienen über dpa Nachrichten für Kinder, März 2023

Quellen:

Axolotl Info

Axolotl Genom

Axolotl Stammzellen

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