Hase oder Kaninchen?

Zu Ostern bekommt der Hase viel Beachtung. Dabei wissen wir über das scheue Wildtier gar nicht so viel. Stattdessen verwechseln wir den Hasen gern mit einem beliebten Haustier. Ein Gespräch unter Fachnagern.

Wir treffen uns an einem geheimen Ort. Dort, wo sich Fuchs und Hase Gute Nacht sagen. Vielleicht auch dort, wo der Hase im Pfeffer liegt. Denn wir haben etwas zu klären: Was ist eigentlich der Unterschied zwischen einem Hasen und einem Kaninchen? Tierarzt Dr. André Schüle hat die Antworten der Tiere übersetzt.

Sagt mal, ihr zwei, ihr seht euch ja schon ganz schön ähnlich. Lange Ohren, lange Hinterbeine, weiches Fell, Stummelschwanz. Was ist eigentlich der Unterschied zwischen Hase und Kaninchen?

Hase: Also, ich muss doch sehr bitten! Hasen haben immer braunes Fell und gelbe Augen. Kaninchen haben ganz unterschiedliche Farben. Außerdem sind wir viel größer als Kaninchen. Wir haben im Verhältnis längere Ohren und längere, kräftige Hinterbeine. Kaninchen hingegen sind eher klein und gedrungen.

Kaninchen: Hey, soll das heißen, ich bin fett? Wir futtern doch beide meist dasselbe: Frisches Gras, junge Triebe und Zweige, Rinde. Bei uns steht vielleicht ein bisschen mehr Gemüse auf dem Speiseplan, aber sonst…

Hase: Nein nein, dein Körperbau entspricht einfach mehr deinem Lebensstil. Ich bin meistens draußen und sehr sportlich unterwegs. Du hängst lieber zu Hause mit deinen Leuten ab.

Kaninchen: Da ist was dran. Kaninchen sind gesellig und leben gern in Gruppen. In der freien Wildbahn graben wir uns Höhlen, die wir mit weitverzweigten Tunneln verbinden. Dort können wir uns verstecken, wenn Gefahr droht. Hasen könnten mit ihren langen Beinen gar nicht so gut durch die unterirdischen Gänge hoppeln wie wir. Sie suchen stattdessen Schutz in Mulden und dichten Sträuchern.

Ihr seht also recht unterschiedlich aus. Hasen leben als Einzelgänger draußen auf den Feldern. Kaninchen wohnen gemeinsam in Bauten. Warum verwechseln euch dann so viele Leute?

Kaninchen: Das ist nicht unsere Schuld. Die Menschen halten Kaninchen und nennen sie Stallhasen. Züchter bezeichnen ihre Kaninchen-Weibchen als Häsinnen. Und manche Leute glauben sogar, Kaninchen seien einfach die kleinen Kinder von großen Hasen. So ein Quatsch.

Hase: Einmal kurz Pfoten stillhalten und die Löffel aufsperren. Die Sache ist ganz einfach: Kaninchen werden als Haustiere gehalten und gezüchtet. Hasen sind Wildtiere. Es ist gar nicht erlaubt, sie in einen Stall zu stecken. Jetzt weißt du, wie der Hase läuft!

Nesthocker und Nestflüchter

Übrigens: Hasen und Kaninchen wachsen ganz unterschiedlich auf. Kaninchen sind so genannte Nesthocker. Etwa 31 Tage ist die Kaninchenmutter mit ihren Jungen trächtig. Dann kommen sie nackt und blind auf die Welt. Die Mutter muss nun ihren hilflosen Nachwuchs füttern und beschützen, bis er selbstständig ist.

Hasen hingegen sind Nestflüchter. Hasenmütter sind etwa eine Woche länger trächtig als Kaninchen. Sie werden schon mit Fell geboren. Auch ihre Augen sind dann bereits geöffnet. Sehr schnell können sie ihr Nest verlassen und selbst auf sich aufpassen.

Kaninchen stammen ursprünglich vom Wildkaninchen ab. Die sind mit ihrem braunen Fell den Hasen etwas ähnlicher. Trotzdem gehören sie einer anderen Gattung an.

Und warum Ostern?

Der Hase gehört zum Osterfest. Das kann man schon früh in den Regalen der Supermärkte sehen. Überall gibt es Schoko-Hasen! Schoko-Eier gibt es zu Ostern aber auch. Es heißt, dass der Osterhase die Ostereier versteckt. Dabei legen Hasen doch keine Eier! Was hat der dann mit Eiern zu tun?

Der Hase gehört schon seit mehreren Jahrhunderten zum Osterfest dazu. Das liegt wohl daran, dass das Tier vor allem im Frühjahr, also auch zur Osterzeit, auf den Felder zu sehen ist. In dieser Zeit können sich Hasen rasch vermehren. Sie sind deshalb ein Zeichen für Fruchtbarkeit und Leben. Genau dafür sind auch Eier ein bekanntes Zeichen. Also wurde das Ei mit dem Hasen verbunden. Und zwar zu einem Fest, an dem die Christen das neue Leben feiern: Ostern.

Die Menschen haben sich hierfür Geschichten ausgedacht, wie Huhn und Hase gemeinsame Sache machen. Das Huhn legt die Eier, der Hase versteckt sie unbemerkt. Vielleicht hat man diese Arbeit den Hühnern nicht zugetraut. Im Gegensatz zu Hühnern sind Hasen ja auch ein bisschen flinker unterwegs.

Text und Foto: Philipp Brandstädter,
zunächst erschienen über dpa Nachrichten für Kinder, März 2020

Quellen:

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